Katharina Hillenbrand

Projekttitel: Vulkanische Phänomene in der römischen Antike. Diskursive Formung und literarische Faktur.

Betreuer: Prof. Dr. Marion Gindhart, Prof. Dr. Jochen Althoff

Dissertationsvorhaben:

Vulkanische Phänomene begegnen aufgrund der anfälligen Plattentektonik des Mittelmeergebiets relativ häufig im antiken griechisch-römischen Kulturraum. Ihre Erscheinungsformen reichen dabei von vergleichsweise harmlosen Phänomenen wie Fumarolen, welche etwa für die Phlegräischen Felder charakteristisch sind, bis hin zu Naturereignissen katastrophalen Ausmaßes, zu denen unübertroffen die fatale Eruption des Vesuvs (79 n. Chr.) zählt. Zahlreich nehmen sich auch die literarischen Darstellungen vulkanischer Phänomene in der Antike aus. Sie finden sich unterschiedlich geformt in naturkundlichen, philosophischen und architektonischen Schriften, in Historiographie und Kunstbriefen sowie in Epik, Hymnik, Tragödie, Lehrdichtung und Epigramm. Die literarischen Rekurse auf vulkanische Ereignisse variieren dabei von kürzeren, teils beiläufigen Erwähnungen (Metaphern, Vergleiche) bis hin zu längeren Schilderungen ihrer Phänomenologie und Kausalität oder des menschlichen Umgangs mit ihnen. Maßgeblich für ihre Faktur ist dabei die Formung durch Textgattung, zeitgenössische Ästhetik und bestehende Diskurse. Hierzu zählen insbesondere auch die Kategorien, nach denen die jeweiligen Phänomene bis hin zur Katastrophe eingestuft wurden.
Das Dissertationsvorhaben nimmt sich, gestützt auf die historische Diskursanalyse, der Frage an, wie sich die literarische Faktur solcher Darstellungen gestaltete und welche Diskurse diese formten. Eine besondere Rolle kommt dabei Fragen der historischen Katastrophenforschung zu, durch welche die menschliche Positionierung hinsichtlich solcher Naturerscheinungen beleuchtet wird. Dementsprechend wird erarbeitet, welche Phänomene (und auch welche nicht) als vulkanisch eingeordnet wurden, wann und anhand welcher Kategorien jene als Phänomen, Naturgewalt oder Katastrophe bewertet wurden und welche Formen des menschlichen Umgangs mit ihnen zu finden sind. Hierbei werden auch Befunde der Archäologie und der Umweltforschung berücksichtigt. Gegenstand der Untersuchung ist schwerpunktmäßig die Literatur der römischen Antike, jedoch finden griechische Konzepte und Prätexte ebenso Berücksichtigung. Anhand der erwähnten kategorialen Stufungen und der literarischen Inszenierung vulkanischer Phänomene werden übergeordnete antike Konzepte von Natur, etwa ihrer ‚Lesbarkeit‘ oder ihrer (Un-)Beherrschbarkeit durch den Menschen, exemplarisch erarbeitet. Aspekte von Spezifität, Universalität und Tradierung sollen über vergleichbare Konzepte von Feuer, Erdbeben oder Vulkanismus in (alt)orientalischen Kulturen überprüft werden.

Das Dissertationsprojekt wurde im Dezember 2019 abgeschlossen und im Januar 2020 erfolgreich verteidigt.