Dr. Sonja Guth (geb. Gerke)

Projekttitel: Hirtenbilder - Untersuchungen zur kulturimmanenten Sicht auf eine altägyptische Personengruppe

Betreuerinnen: Prof. Dr. Tanja Pommerening, Prof. Dr. Sabine Obermaier

Dissertationsprojekt:

Das Tätigkeitsfeld des Hirten zählt – wenn man so will – zu den ältesten Berufen der Welt, da die Fürsorge und damit letztendlich die Domestizierung von Tieren neben der Kultivierung von Pflanzen und der Sesshaftigkeit einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Kulturwerdung des Menschen bilden. Die Gewissenhaftigkeit und Sorgfalt, mit der Hirten die unter ihrer Obhut stehenden Tiere versorgen, hat sie für die Bildung von Metaphern und als Sinnbild für Achtsamkeit und Fürsorge geradezu prädestiniert. So ist bspw. das Epitheton des „Guten Hirten“ für Führungspersonen und Götter in vielen Kulturen gängig und bis heute vor allem in der christlichen Tradition stark verankert. Eben dieses auch heute noch sehr präsente Bild verstellt und verschleiert mitunter die Sicht auf die alten, insbesondere die ägyptischen Quellen, da moderne Annahmen und Konzepte – meist unbewusst – in den Vordergrund gestellt werden. Der eigentliche Ursprung dieser Motive, der Sitz im Leben des realweltlichen altägyptischen Hirten als Teil einer klar umrissenen Personengruppe (ägyptisch mnjw bzw. nr), wurde in der ägyptologischen Forschung bislang kaum beachtet. Diese Arbeit hat zum Ziel, Zirkelschlüsse und Fehlannahmen, wie sie durch die Übertragung von modernen Motiven entstanden sind, auszuräumen, indem sie explizit von den ägyptischen Worten mnjw und nr ausgeht und diese Personengruppe aus der Sicht der ägyptischen Gesellschaft, bzw. wie sie uns aus den erhaltenen Quellen überliefert ist, untersucht. Die Worte mnjw und nr tauchen in den Schriftquellen seit den Pyramidentexten auf und lassen sich bis in die Griechisch-Römische Zeit verfolgen, wobei sich der Katalog der Arbeit auf die Quellen bis zum Ende des Neuen Reiches beschränkt. Da mnjw und nr auch als Beischriften innerhalb der Szenen der Grabikonografie des Alten und Mittleren Reiches zu finden sind, konnten auch Bildquellen für die Auswertung berücksichtigt werden. Über diese Quellen können nicht nur lexikografische und semantische Aspekte der Worte mnjw und nr selbst beleuchtet werden, sondern auch Aussagen über die von den so bezeichneten Personen betreuten Tiere, über ihre spezifischen Aktivitäten bzw. Tätigkeitsbereiche, sowie über ihr personelles Umfeld getroffen werden. Aus diesen Ergebnissen lassen sich wiederum soziale Abhängigkeitsverhältnisse, existierende und sich wandelnde (Wissens-)Hierarchien, sowie die sich im Verlauf der ägyptischen Geschichte entwickelnden und verändernden Hirtenbilder ableiten.

Das Dissertationsprojekt wurde im Juli 2016 abgeschlossen.

Die Arbeit wurde veröffentlicht als Guth, S., Hirtenbilder. Untersuchungen zur kulturimmanenten Sicht auf eine altägyptische Personengruppe (Studien zur Altägyptischen Kultur (SAK), Beihefte 21), Hamburg 2018.