Dr. Tristan Schmidt

Projekttitel: Tierbildlichkeit im politischen Diskurs des byzantinischen Kaiserhofs vom späten 11. bis zum frühen 13. Jahrhundert.

Betreuer: Prof. Dr. Johannes Pahlitzsch, Prof. Dr. Sabine Obermaier

Dissertationsprojekt:

Der Einsatz von Tierbildlichkeit war ein in der byzantinischen Hofliteratur häufig verwendetes Stilmittel, mit dem Sinnzuschreibungen und Personencharakterisierungen zum Ausdruck gebracht werden sollten. Gerade das Kaisertum, dem die höfischen Texte besondere Aufmerksamkeit widmeten, wurde entsprechend oft auf diese Weise dargestellt. Die literarische Beschäftigung mit dem Kaisertum lässt sich vornehmlich in rhetorischen und historiographischen Texten verorten, von denen die Zeit der Komnenen-, Angeloi- und Laskaridenherrscher vom ausgehenden 11. bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts eine große Fülle an überliefertem Material zu bieten hat. Die eingesetzte Tierbildlichkeit bezog sich dabei keineswegs nur auf tatsächlich beobachtete Verhaltensweisen der Tiere. Vielmehr basierte sie auf einem lange gewachsenen System von Bedeutungszuschreibungen durch den Menschen. Dieses System bot ein autorenübergreifendes und innerhalb der Gruppe der Rezipienten allgemein verstandenes Reservoir an Zeichen, das von verschiedenen zeitgenössischen Diskursen sowie älteren Traditionen beeinflusst wurde. Vor dem Hintergrund einer auf Konventionen basierenden Verwendung von Tiersymbolik wurde daher für den genannten Zeitraum untersucht, auf welche Art diese im Rahmen politischer Aussagenbildung eingesetzt wurde. Ferner wurde erforscht, welchen zeitgenössischen Wissensbereichen die herangezogenen Referenzwerke zuzuordnen sind. Außerdem wurde gefragt, auf welche Weise die sozialen und politischen Rahmenbedingungen Einfluss auf etablierte Darstellungstraditionen ausübten und inwieweit sich eigene Tierkonzepte und Zugänge zur Natur herausgebildet haben, die für das kulturelle Umfeld der byzantinischen Elite des Untersuchungszeitraums spezifisch waren. Im Zentrum der Untersuchung standen zunächst die genannten im Hofumfeld entstandenen Texte. Um den Kontext und die Herkunft der verwendeten Tierbildlichkeit aufdecken zu können, wurden darüber hinaus die in der Epoche verfügbaren Referenzquellen in den Blick genommen, die das zeitgenössische Wissen über die Tiere und ihre Bedeutungen wiedergeben. Dazu zählen etwa zoologische und theologische Schriften, Textstellen aus der Bibel, antike und zeitgenössische Epik, Fabelliteratur etc. Sie bilden den geistesgeschichtlichen Hintergrund der genannten Hauptquellen.

Das Dissertationsprojekt wurde im Oktober 2017 abgeschlossen.

Die Arbeit wurde veröffentlicht als Schmidt, T., Politische Tierbildlichkeit in Byzanz - Spätes 11. bis frühes 13. Jahrhundert (Mainzer Veröffentlichungen zur Byzantinistik, 16), Wiesbaden 2020.