Aleksandar Milenković, M.A.

Projekttitel: Konzepte der visuellen Wahrnehmung im griechischen wissenschaftlichen Denken vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr.

Betreuer: Prof. Dr. Jochen Althoff, Prof. Dr. Tanja Pommerening

Dissertationsvorhaben:

Durch seine Sinne hat der Mensch immer versucht, sein Verlangen nach dem Verständnis von der Natur, die ihn umgibt, zu stillen. Die visuelle Wahrnehmung wird seit langem als ein dominanter Sinn empfunden und als solcher war sie ein verbreitetes Thema bei den frühen griechischen Denkern. Davon zeugen sowohl philosophische als auch medizinische Schriften seit dem 5. Jahrhundert v. Chr. Beide Quellengruppen sind für die frühgriechischen Konzepte des Sehvorgangs und des Sehsinns in gleicher Weise relevant. Philosophische Quellen bieten Theorien über die Funktionen des menschlichen Körpers, während die medizinischen Texte Leiden und dadurch verursachte Konsequenzen beschreiben, die diese Funktionen einschränken oder verhindern. Diese Theorien bilden das Hauptthema meiner gegenwärtigen Studie. Es sollen möglichst vollständig alle Textzeugnisse untersucht werden, die sich auf das Auge beziehen, wobei die Funktionen und der Gesamtprozess der visuellen Wahrnehmung im Mittelpunkt stehen. Nach dem Sammeln des Quellenmaterials soll eine Auswertung anhand von drei Hauptfragen durchgeführt werden: Wie haben die Philosophen und die Ärzte den Prozess des Sehens verstanden, wie wurde der Aufbau des visuellen Organs (in Abhängigkeit davon) beschrieben und wie wurden die Mechanismen des optischen Apparats veranschaulicht? Antworten auf diese Fragen können in unterschiedlichen philosophischen und medizinischen Quellen vom 5. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. gefunden werden. Diese Periode beinhaltet zwei wichtige Epochen in der Geschichte der Wissenschaft – die Vorsokratische Philosophie und die medizinische Literatur des römischen Arztes Galenos. Des Weiteren kann bedeutendes Material in den Schriften von Platon, Aristoteles und Theophrastos gefunden werden sowie in bestimmten Abhandlungen des Corpus Hippocraticum. Um einen breiteren Überblick zu gewinnen, soll auch eine lexikalische Analyse anderer Epochen und literarischer Genres durchgeführt werden. Aus der Untersuchung der Unterschiede der Terminologie zum Sehen in den verschiedenen Genres können entscheidende Rückschlüsse gezogen werden. Die Quellen werden diachronisch und kontextuell mit Blick auf die erwähnten Hauptfragen analysiert. Das Ziel dieser Studie ist es, eine umfassende Untersuchung der visuellen Wahrnehmungstheorien innerhalb des jeweiligen wissenschaftlichen Diskurses zu bieten und dabei die Konzepte zu rekonstruieren, auf denen diese Theorien basieren. Dabei sollen verschiedene Standpunkte aus mehreren Jahrhunderten und die Korrelationen zu anderen Kulturen berücksichtigt werden, soweit dies möglich ist.