Dr. Judit Garzón Rodríguez

Anschrift:

Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Graduiertenkolleg 1876
Hegelstr. 59
55122 Mainz

E-Mail

Dissertationsprojekt: Archäologisch-philologisch-ethnohistorische Studie über grundlegende Aspekte des Penis, seine Symbolik und Bedeutung im Alten Ägypten

Betreuer: Prof. Dr. Tanja Pommerening, Prof. Dr. Alexander Pruß

Projekt:

Der Penis, verstanden als körperliche Merkmal zur Bildung von Differenzkategorien (wie Geschlecht, sozialer Rang oder kulturelle Identität) und durch soziale und religiöse Praktiken beeinflusst, gilt in Verbindung mit dem Thema Körper, Sex, Fruchtbarkeit und Macht als ein theoretischer Bezugs- und Diskussionspunkt disziplinübergreifender und internationaler Geschlechter- bzw. Männlichkeitsforschung. Eine Untersuchung des Penis als Teil der Geschlechterforschung und im Rahmen des Graduiertenkollegs zu frühen Konzepten von Mensch und Natur macht eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Kontexten notwendig, in denen er vorkommt. So versinnbildlicht er nicht nur Sex, Erotik oder „Gender“, sondern auch Macht, Identität oder magische Einwirkung. Der Penis spielt jedoch nicht nur als notwendiges Objekt eine große Rolle, sondern auch als fehlender Signifikant, in dem Sinne, dass seine Auslassung eine wichtige Bedeutung für das Verständnis verschiedener Kontexte darstellt. Auf dieser Weise überliefert er nicht nur Informationen über Konzepte wie Nacktheit, sondern auch über soziale Ränge und Alter und verdeutlicht epochenbezogene Unterschiede. Der Penis mit einer erigierten Form (Phallus) erscheint in antiken Quellen als Vehrerungsobjekt mit bewunderten und magischen Kräften und als Symbol der Überlegenheit. Aus Ägypten bekannt ist vor allem die Bedeutung des Phallus in seiner Fruchtbarkeitsfunktion, als generatives Organ des Mannes ebenso wie des Gottes. Phallus-Objekte findet man z.B. in Form von Amuletten. Sie können u.a. als Zeichen der Hoffnung auf Nachkommenschaft gedeutet werden. Er erscheint zudem als identifizierendes Symbol verschiedener Gottheiten. Der Phallus kann eine wichtige Rolle in der Gestaltungsform einer Gottheit spielen, etwa bei Min. Bei anderen Göttern wie Osiris oder Amun erscheint der Phallus nur, um die Bedeutung einer Situation oder Erzählung zu kennzeichnen. Aspekte wie Männlichkeit, königliche Herrschaft oder Macht, die sich an den Penis knüpfen, wurden in der ägyptologischen Forschung bislang kaum berücksichtigt, da der Penis grundsätzlich in sexuellen bzw. erotischen oder göttlichen Studien untersucht wurde. Ziel dieses Promotionsvorhabens ist es, grundlegende Aspekte und die verschiedenen Bedeutungen und Symboliken des Penis im Alten Ägypten zu erfassen. Disziplinübergreifend werden Methoden der Geschlechterforschung, Soziologie und Religionsgeschichte eingebunden.
Anliegen dieser Dissertation ist es, diese verschiedenen Forschungsrichtungen zu kombinieren, um die komplexen Querverbindungen zwischen religiösen, politischen und sozialen Aspekten des Penis im Alten Ägypten in Abhängigkeit von Zeit, Raum und Kontext aufzuzeigen. Von besonderem Interesse für diese Untersuchung sind die philologischen Quellen (z.B. medizinische, religiöse, magische oder literarische Texte), bildliche Darstellungen (wie Reliefs in Gräbern, Statuen oder Amulette), aber auch archäologische Quellen wie Mumien oder Penisfutterale. Vergleiche mit anderen Kulturen sollen ebenfalls in die Studie einbezogen werden, um verschiedene Aspekte des Penis im Alten Ägypten mit denjenigen in anderen antiken Kulturen (wie Mesopotamien, Griechenland oder Rom) vergleichen zu können.

Das Dissertationsprojekt wurde im Dezember 2022 abgeschlossen und im März 2023 erfolgreich verteidigt.