Sina Lehnig, M.A.

Projekttitel: Foodways Through the Desert. A Multidisciplinary Approach to the Settlement History of Arabia and Palaestina (2nd to 7th Centuries CE)

Betreuerinnen: Prof. Dr. Heide Frielinghaus, Prof. Dr. Sabine Gaudzinski-Windheuser

Dissertationsprojekt:

Das Gebiet des ehemaligen Nabatäischen Königreichs ist eine heiße und trockene Region. Jährliche Durschnittsniederschläge von nur 300 bis zu weniger als 50 mm machen die Region zu einem lebensfeindlichen Ort. Dennoch erfuhr die Negev-Wüste eine Phase der Blüte zwischen römischer und byzantinischer Zeit (2.-7. Jahrhundert CE). Kleine nabatäische Karawanenstationen, die den Weihrauchhändlern als Zwischenstopp auf ihrer beschwerlichen Reise zum Hafen von Gaza dienten, entwickelten sich zu urbanen Ballungszentren. Die Errichtung öffentlicher Gebäude, gepflasterte Straßen, Abwassersysteme und die kommunale Organisation der Abfallentsorgung spiegeln diese Siedlungen auf ihrem Höhepunkt wider. In meiner Untersuchung der Beziehung zwischen den unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen dieser Region (Sesshafte Bevölkerung in den urbanen Zentren, Soldaten, Nomaden, Händler, Hirten) und ihrer Wüstenumgebung steht die Frage im Mittelpunkt, wie sie Ressourcen für ihre tägliche Nahrung genutzt haben. Niederschlagsarmut, Mangel an permanenten Wasserquellen, arme Böden, Erosion und hohe Temperaturen stellen besondere Herausforderungen an die Beschaffung, Konservierung und Zubereitung von Lebensmitteln. Vor dem Hintergrund dieser klimatischen Situation, aber auch im Hinblick auf die kulturellen, politischen und religiösen Veränderungen, welche die Region beeinflussten (z.B. römische Annexion, Christianisierung, Justinianische Pest), wird meine Doktorarbeit zeigen, wie sich diese Parameter auf die Nahrungsmittelproduktion und den Konsum im Negev auf verschiedenen Ebenen ausgewirkt haben: Einerseits geht es darum, Unterschiede bzw. Ähnlichkeiten zwischen verschiedenen Siedlungstypen mit verschiedenen Organisationsebenen (z.B. Städte, Dörfer, Höfe, temporäre Camps) zu identifizieren. Andererseits wird die Rolle bestimmter Bevölkerungsgruppen bei der Beschaffung und dem Konsum von Lebensmitteln untersucht.

Fragen danach, wie kulturell geprägte Bedürfnisse, Ernährungsvorschriften und Verbote die Auswahl von Ressourcen beeinflusst haben könnten, sich also spezifische Konzepte und Ideen von Ernährung entwickelt haben, die für das Negevgebiet charakteristisch sind, bzw. sich von denen angrenzender Regionen unterscheiden, sollen beantwortet werden.

Ziel ist es ein möglichst holistisches Bild von Ernährung im Untersuchungsgebiet zu generieren. Dem interdisziplinären Ansatz des Graduiertenkollegs 1876 folgend, werden vier verschiedene Quellengattungen, die oft unterschiedliche Eindrücke von Ernährung in der Negevregion erzeugen, im Rahmen meiner Dissertation kritisch untersucht und zusammengeführt: Hierzu gehört zum einen die räumliche Analyse archäologischer Hinterlassenschaften wie Installationen zur Verarbeitung von Nahrungsressourcen (Wein- und Olivenpressen, Mühlsteine, Dreschböden), deren Distribution (Marktgebäude, Freiflächen), sowie Zubereitung (Küchen, Herdstellen) und Entsorgung (Mülldeponien). Darüber hinaus werden Ergebnisse aus (z.T. eigenen) naturwissenschaftlichen Untersuchungen an Tierknochen und Pflanzenresten sowie organische Rückstände aus Keramikgefäßen herangezogen. Die aus diesen Studien gewonnenen Informationen werden mit den schriftlichen und bildlichen Quellen aus dem Forschungsgebiet verglichen.

Das Dissertationsprojekt wurde im Februar 2022 abgeschlossen.