Wasser als göttliche Ursubstanz

„Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser“ 1. Buch Mose

Als Ursymbol des Lebens ist Wasser ein Hauptelement in vielen Schöpfungsgeschichten und der Beginn von allem. Diese göttliche „Ursubstanz“ findet sich in den schriftlichen, bildlichen und mündlichen Überlieferungen verschiedener Kulturen.

Bereits sehr frühe Quellen aus Mesopotamien aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. bezeugen die Verehrung des Wassers. Der sumerische Gott Enki gilt als Herr des unterirdischen Süßwassers, er stammt von der Göttin Nammu, dem Urozean, ab. Den Mythen zufolge ist Enki mit Quellen und den Flüssen Euphrat und Tigris verbunden, die auf bildlichen Darstellungen des Gottes aus seinen Schultern fließen. Er versorgte sie mit „a“: Das sumerische Wort bedeutet sowohl „Wasser“ als auch „Sperma“, was für die Befruchtungsfähigkeit des Gottes und seines Elements steht.

In der altägyptischen Religion wird Wasser als das Urelement beschrieben, aus dem Atum hervorging, der Gott, der das Universum erschaffen sollte. Auch der griechische Naturphilosoph Thales von Milet (624–546 v. Chr.) war der Ansicht, dass alle Stoffe nur verschiedene Aspekte des Urstoffes Wasser darstellen.

In vielen Kulturen wurden bestimmte Gewässer – seien es Flüsse, Seen oder Ozeane – mit der Entstehung bestimmter Gottheiten in Verbindung gebracht. Andererseits können es auch die Götter sein, die bestimmte Gewässer erschaffen.

Im Alten Ägypten war der Krokodilgott Sobek bereits zu Anfang der pharaonischen Zeit (ca. 3032–2707 v. Chr.) der Herr des Wassers, der Sümpfe, Seen, Flüsse und der Kanäle. Er war ein ambivalenter Gott: Er wurde gefürchtet, aber auch verehrt, sodass er im Laufe der Zeit auch zu einem Fruchtbarkeits- und Schöpfergott wurde.

Flussgottheiten wurden gerne auf römischen Münzen dargestellt. Es waren die Kaiser, die über die Münzprägung bestimmten. So schickten sie politische Botschaften hinaus ins ganze Reich. Die Bevölkerung konnte durch die Personifikationen von Flüssen auf den Münzbildern wichtige politische Ereignisse, zum Beispiel erfolgreiche Feldzüge oder die Ausrichtung großer Festlichkeiten, geografisch zuordnen.

Statuette eines falkenköpfigen Krokodils, ägyptische Spätzeit, ca. 720–332 v. Chr.
Der ägyptische Gott Sobek wird gewöhnlich als Krokodil oder als Mann mit einem Krokodilkopf dargestellt, manchmal aber auch als Krokodil mit einem Falkenkopf. In dieser besonderen Mischform, die als Sobek, der Herr von Pai (Soknopaios), bekannt ist, wurde er vor allem in griechisch-römischer Zeit als Orakel- und Heilgott identifiziert, insbesondere in der Gegend von Fayum, südwestlich des heutigen Kairo.

Abrollung eines mesopotamischen Siegels, altakkadische Periode, ca. 2300 v. Chr.
Die Szene auf diesem (im Original nur 4 cm hohen) Rollsiegel zeigt verschiedene mesopotamische Gottheiten, darunter den Gott Enki, aus dessen Schultern die Flüsse Euphrat und Tigris entspringen. Enki ist der Gott der Weisheit, Magie und Heilkunst sowie Herrscher des kosmischen Süßwasserozeans Abzu.

 

Münzen mit Flusspersonifikationen, römische Kaiserzeit
1. Für Kaiser Trajan war die Donau von großer Wichtigkeit, denn diesen Fluss musste er mit seinem Heer in den Feldzügen gegen die Daker mehrfach überqueren. Münzen aus Trajans Regierungszeit, die einen wohlgesonnenen „Danuvius“ zeigen, berichteten jedem, der diese Münze in Händen hielt, von der gefahrlosen Überwindung des Flusses und vom Erfolg der Feldzüge (103–111 n. Chr.).
2. Kaiser Domitian stellt sich als Opferherr bei den Säkularfeiern dar und macht durch die Personifikation des Tibers zu seinen Füßen klar, dass die Feiern in Rom stattfanden (88 n. Chr.).